Jennifer Benkau – Dark Canopy

Achtung Spoiler

 

dark canopyDark Canopy habe ich entdeckt durch den Literaturblog von Literatwo. Ich hab die Rezension gelesen und bereits in der Mitte des Textes das Buch auf amazon bestellt. Es ist eines jener Werke, bei denen man am liebsten weinen möchte, wenn die letzten Seiten gelesen sind, man zwingt sich, das Buch zwischendurch aus der Hand zu legen, nur um das Lesevergnügen noch etwas zu verlängern. Doch das Ende kommt, unerbittlich und dann noch mit einem unglaublichen Cliffhanger und man wünscht sich nur noch, dass schon März 2013 ist und der zweite Band endlich veröffentlicht wird.

Dark Canopy ist düster, staubig, brutal, unverblümt und grausam. Eine Dystopie. Wir befinden uns im in die Steinzeit zurückgebombten GB in ferner Zukunft, wo X-Box und Co zu Antiquitäten zählen, weil selbst eine durchgängige Stromversorgung nicht mehr möglich ist.

Die Percents – künstlich geschaffene Wesen, die uns zumindest äußerlich ähnlich sind – sind an der Macht und unterdrücken die Menschheit auf zum Teil auf grausamste Art und Weise. Auf Grund ihrer überempfindlichen Haut vertragen sie kein Sonnenlicht – sie würden, wie Vampire verbrennen –  und haben kurzerhand durch mehrere Maschinen (Dark Canopy) bis auf 2 Stunden am Tag die Sonne  verdunkelt. Einigen Menschen ist die Flucht aus der Stadt – Symbol für die Unterdrückung – auf’s Land gelungen, wo sie in Clans zusammenleben. Sie bezeichnen sich selbst als Rebellen und versuchen mit kleineren radikalen Aktionen (die allerdings nicht weiter erwähnt werden) das Percent-Regime zu stürzen.

Joy ist eine von ihnen. Als sie eines Tages mit ihrer Freundin Amber für Tauschgeschäfte in die Stadt geschickt wird, geraten die beiden jungen Frauen in einen Hinterhalt. Amber wird erwischt, Joy gelingt die Flucht. Die Schuldgefühle, ihre Freundin im Stich gelassen zu haben, zerfressen die 19-jährige Joy fast und so beschließt sie, gemeinsam mit einigen anderen Clanmitgliedern (alle ungefähr im selben Alter, darunter auch Matthial – Joy’s Lover) gegen den Willen des Oberhauptes eine Rettungsaktion für Amber zu starten. Erneut geht alles schief: es gibt Tote und Joy wird von einer Percent-Patrouille aufgegriffen.

Wie es üblich zu sein scheint, wird jeder Gefangene von einem Percent beansprucht, dem er/sie hoffnungslos ausgeliefert ist. So auch bei Joy: Cloud, ein sehr einflußreicher, angesehener Percent erhebt Anspruch auf sie, jedoch nicht für sich selbst, sondern für den Varlet (Percent vor seiner „Abschlussprüfung“) Neél, dessen Mentor er ist. Joy soll das alljährliche Chivvy als Neéls Soldatin bestreiten. Dieses „Fest“ – oder sollte man es besser Jagd nennen – dient der Definition des sozialen Standards der zukünftigen Percents. Jeder Varlet muss über eine gewisse Zeit seinen Soldaten trainieren und ihn bestmöglich auf das Chivvy vorbereiten, bei dem es die Aufgabe der Soldaten ist Durchhaltevermögen und Überlebensgeist zu beweisen und die der Varlets so viele (natürlich fremde) Soldaten wie möglich zu töten. Wer die meisten Soldaten niederstreckt, wird Kommandant.

Sowohl Joy als auch Neél haben zu Beginn der gemeinsamen Trainingszeit eine scheints unüberwindbare Abneigung gegen den anderen. Joy ist heißblütig und lässt sich nicht gerne bevormunden, schon gar nicht von einem Wesen, das sie seit Kindheit an zu hassen gelernt hat und Néel ist brutal, herrschsüchtig und grausam – entspricht also ganz dem Bild, das die Rebellen von den Percents haben.

Mit der Zeit wird ihre Beziehung jedoch weicher, liebevoller. Joy muss erkennen und sich selber auch eingestehen, dass Neél so ganz anders ist, als all die Percents aus den Erzählungen ihrer Vorfahren. Da ist fast nichts  von einer charakter- oder herzlosen Maschine, sondern vielmehr ein fürsorglicher und leibenswürdiger Zeitgenosse (jedoch immer noch mit Ecken und Kanten :-)). Neél ist menschlicher, als die meisten ihrer Rebellenkollegen und das liegt nicht daran, dass er optimiert wurde (menschliche Mutter, Percent als Vater).

Die beiden verlieben sich ineinander, kämpfen jedoch gegen ihre vor allem von der Gesellschaft als unmöglich angesehenen, aber auch ausweglosen Gefühle an. Gegen die Kraft der Liebe sind sie jedoch völlig machtlos. (Gott sei Dank :-))

Der Tag des Chivvy rückt näher, die Liebe der beiden größer. Neél lässt Joy an den geheimen Treffen einer Percent-Rebellen-Truppen teilnehmen, welche die Gerechtigkeit und den Frieden in der Welt wiederherstellen wollen. Er hilft Joy auch ihre Flucht während des Chivvys zu planen, da er sie nicht in der Zuchtfabrik für neue optimierte Percents als Gebärmaschine (das wäre vermutlich ihre Zukunft, sollte sie das Chivvy überleben) sehen möchte. Die Möglichkeit sich von ihm anerkennen zu lassen und ein Leben in Sicherheit aber auf Kosten der Freiheit (weil in der Stadt) zu führen, lehnt Joy kategorisch ab.

Und dann ist Tag X da. Man erfährt u.a. durch Matthiel, der seinerseits – nicht ahnend, wie die beiden Protagonisten mittlerweile zueinander stehen –  eine Befreiungsaktion für Joy plant und sich deswegen in die Stadt geschlichen hat, dass gegen Joy und somit indirekt auch gegen Neél ein Komplott läuft, ja, dass sogar ein Kopfgeld auf die Soldatin ausgesetzt wurde.

In der „Schlacht“ hat es zuerst den Anschein, dass Joy entkommt. Trotzdem hatte ich als Leser das Gefühl, dass nicht alles so glimpflich verlaufen kann, wie es den Anschein haben mag. Und ich sollte recht behalten: In der „Spielarena“ treffen Neél und Joy aufeinander. Der Varlet will Joy überreden, sich zu ergeben um ihr Leben zu retten, da mittlerweile – so Neél – alle Varlets hinter ihr her seien. Es kommt zum Streit. Matthiel beobachtet von seinem Rettungsposten aus die Meinungsverschiedenheit der beiden und überwältigt, obwohl er mitangesehen hat, wie Neél  einen Varlet erschießt, um Joys Leben zu retten, den Varlet im Glauben, dass dieser von Grund auf böse ist.

Der erste Teil der Dark Canopy Geschichte endet damit, dass Joy in ihrem alten Clan-Haus mit ansehen muss, wie Neél (von Matthiel und Co an einen Stuhl gefesselt) in der Morgensonne sitzt und schreit.

Als die Sonne aufging, war es für lange, lange Zeit ganz still. Aber dann schrie er doch. (S. 525)

Fazit: Jennifer Benkau hat mich bereits mit ihrem Anfangszitat von Einstein an den Roman gefesselt:

Ich weiß nicht, womit die Menschen im dritten Weltkrieg kämpfen. Aber im vierten werden es Keulen und Steine sein.

Über kurze Strecken erinnert der Roman ein wenig an die Tribute von Panem: die Arena, das Training, die Klassengesellschaft, … . Vom ersten bis zum letzten Satz fesselt das Buch durch einen sensationell spannenden Plot und besticht darüber hinaus auch noch durch eine wunderschöne, oft bildliche Sprache, wodurch es jedoch keineswegs an sprachlicher Leichtigkeit verliert. Inhaltlich wird nichts beschönigt, klare grausame Worte sind keine Seltenheit. Selbst in den kurzen erzwungenen Lesepausen ließ mich der Plot nicht los, am liebsten hätte ich alles stehen und liegen gelassen, nur um weiter in die Geschichte von Joy und Neél einzutauchen. Und dieses Ende: Cliffhanger machen mich immer fertig, aber dieses spezielle Semifinish: schrecklich!!!!!

Absolut lesenswert!  Wenn doch nur schon März wäre … Schreib Jennifer, schreib!!!!!!

Über Sonja Schöpf

... ich LIEBE Bücher
Dieser Beitrag wurde unter 5 sterne, all-age-literatur abgelegt und mit , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

4 Antworten zu Jennifer Benkau – Dark Canopy

  1. literatwo schreibt:

    Eine wunderschöne Rezension hast du geschrieben und wir haben dich doch gern neugierig gemacht und verleiten natürlich ebenso gern zu neuem Lesestoff 🙂

    Nun heißt es gemeinsam auf Teil zwei warten.

    Grüße

    • likik schreibt:

      Ihr habt tatsächlich meinen Eintrag gelesen! Wenn ihr wüsstet wie mich das freut und auch ein bisschen ehrt! Ihr seid die ersten, die einen Kommentar auf meinem noch so jungfräulichen Blog schreiben! (*g*)
      Und: hab schon wieder was entdeckt bei Euch! Aber zuerst muss ich Novizin des Todes und Legend (beide auch von Euch :-)) verschlingen!
      Hoffentlich hält Jennifer Benkau ihren Termin mit März – länger können wir auf gar keinen Fall warten! 🙂

      LG

  2. literatwo schreibt:

    Na da gibt es doch gleich noch einen Kommentar – deine Worte freuen uns von Herzen – DANKE ;o)

    Wir lesen auch gern mal „fremd“ lach, allerdings ist immer wenig Zeit noch auf anderen Blogs zu stöbern.

    Grüße von mir und Arndt.

  3. josiee schreibt:

    Neel darf nicht tot sein….
    Ich war passend zum ende des buches völlig am ende…
    Eine wahnsinns geschichte
    Und du hast es gut beschrieben:-):-):-)

Hinterlasse einen Kommentar